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Stefan Homburg und die Realität

Stefan Homburg gibt die Vorhersagen Anderer falsch wieder

Immer wieder (und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder) behauptet Stefan Homburg er hätte die Zahl der Toten der ersten Welle mit 4.000 zumindest ungefähr richtig vorhergesagt, während Drosten und das BMI (Innenministerium) mit ihren Voraussagen viel zu hoch lagen. Angeblich hätte Drosten 278.000 vorhergesagt und das BMI gar 1 Mio Tote!
In Wirklichkeit aber verschweigt er dabei zwei entscheidende Fakten!

Erstens bezog sich die Vorhersage von Drosten eben NICHT auf das Frühjahr, sondern auf einen längeren Zeitraum. Drosten spricht sogar davon, dass die Coronatoten bei langsamer Verbreitung "in der normalen Todesrate verschwinden". Er meinte also definitiv nicht das Frühjahr, wie Homburg suggeriert. Auch nicht das Gesamtjahr, denn auch da würden 278.000 Tote nicht einfach "verschwinden":
Selbstverständlich wurde Stefan Homburg darauf mehrfach hingewiesen, u.a. hier, aber das hat ihn nicht davon abgehalten die Aussage weiterhin zu wiederholen.

Zweitens verschweigt Homburg wiederholt, dass das BMI eben nicht eine Vorhersage von 1 Mio Toten gemacht hat! Es hat in seinem Strategiepapier, das hier gemeint ist, drei sehr unterschiedliche Vorhersagen für drei sehr unterschiedliche Szenarien gemacht. 1 Mio Tote waren dabei der Worst-Case bei komplettem Zusammenbruch des Gesundheitssystems - im Falle keiner weiterer Maßnahmen über das Verbot von Großveranstaltungen hinaus.
Wie wir alle wissen, gab es im Frühjahr aber deutlich mehr Eindämmungsmaßnahmen und für dieses tatsächlich eingetretene Szenario hat das BMI nur 11.777 Tote (siehe Screenshot unten) vorhergesagt:
Wenn es gelingen sollte, durch umfangreiches Testen und Isolieren die Ausbreitung des Virus effektiv zu kontrollieren, wären die Auswirkungen weitaus milder. Im vorliegenden Modell würden sich rund eine Million Menschen infizieren, aber nur etwa 12.000 versterben.
Da die Frühjahrswelle mit etwa 9.000 Toten zu Ende ging (dass die von Homburg genannten angeblichen 8.000 nicht stimmen, fällt gegenüber den anderen Aussagen kaum noch ins Gewicht), ist die die 11.777-Schätzung des BMI nicht nur gut, sondern auch deutlich besser als die 4.000 von Homburg.

Warum Homburg wohl diese BMI-Vorhersage stets verschweigt und nur die Zahl für das nicht eingetretene Szenario ohne Maßnahmen nennt?

Selbstverständlich wurde Stefan Homburg auch darauf mehrfach hingewiesen, u.a. hier, aber das hat ihn nicht davon abgehalten die Aussage weiterhin zu wiederholen.

Stefan Homburg behauptet das RKI hätte 300.000 Tote vorhergesagt

In einem Artikel (Backup hier) auf msn.com behauptet Stefan Homburg:
Am 20. März aber [...] wartete das Robert Koch Institut (RKI) plötzlich mit Szenarien auf, die mindestens 300.000 deutsche Todesfälle voraussagten.
Gemeint ist offenbar das am 20.3.2020 vom RKI herausgegebene Dokument Modellierung von Beispielszenarien der SARS-CoV-2-Epidemie 2020 in Deutschland (Backup hier).

Von Todesfällen ist dort in Abbildung 8 die Rede. Jedes einzelne Schaubild darin zeigt eine andere Kombination aus Saisonalität des Virus und vorbestehender Immunität der Menschen. Außerdem zeigt jedes Schaubild zehn unterschiedliche Säulen für jeweils unterschiedliche Anteile erfolgreich kontaktreduzierter Erkrankungsfälle.
Jede einzelne Säule ist also eine Vorhersage der Todeszahl für die jeweilige Kombination von Faktoren.

Blau hervorgehoben ist unten ein Beispiel: wenn der Virus leicht saisonal ist, niemand vor-immun ist und 40% der Erkrankungsfälle kontaktreduziert sind (so dass sie nicht so viele andere anstecken können), dann ist die Vorhersage der Totenzahl etwa 70.000 (man sieht es nicht ganz genau, aber deutlich unter 100.000).

Wie passt das zur Behauptung von Stefan Homburg, dass die RKI-Szenarien "mindestens 300.000 Tote voraussagten"???
Die meisten der Szenarien liegen sogar DEUTLICH darunter!

"The Winner is Sweden" - wenn man die Nachbarländer und ein paar mehr weglässt

Stefan Homburg suggeriert Schweden habe am besten abgeschnitten, was den wirtschaftlichen Rückschlag in 2020 angeht.
In der Realität haben Schwedens Nachbarländer Norwegen und Finnland mit ihren strikten Maßnahmen (Norwegen hat Geschäfte und Schulen im Frühjahr 2020 schon vor Deutschland geschlossen) wirtschaftlich deutlich besser abgeschnitten als Schweden. Andere Länder ebenfalls.

Stefan Homburg verdreht Drostens Aussage ins Gegenteil

Laut Stefan Homburg hat Drosten angeblich gesagt wir seien "schon längst kreuzimmun". Und damit stimme Drosten den Aussagen von Sucharit Bhakdi zu.
In Wirklichkeit zitiert Drosten an dieser Stelle nur eine in den USA aufgekommene Argumentation:
es wurde gerade in den USA auch schon eine sehr große Argumentation darauf aufgebaut, die sagt: "[...] wahrscheinlich wird deswegen auch die Schwelle der Herdenimmunität viel niedriger liegen, weil in Wirklichkeit sind wir alle schon längst kreuzimmun."
Es ist also nicht Drostens eigene Meinung, sondern nur ein Zitat, dem er später widerspricht:
Wir können wahrscheinlich sagen, was man in diesen Studien sieht, ist eben nicht eine Kreuzimmunität, sondern nur eine Kreuzaktivierbarkeit, eine Kreuzreaktivität, wie man das auch immer in Worten ausdrücken mag. Also die Zellen machen zwar ein Signal, aber das ist sicherlich nicht stark und aktiv genug, um wirklich eine Infektion fernzuhalten aus dem Körper.
Drosten hat also in Wirklichkeit das Gegenteil von dem gesagt, was Stefan Homburg über ihn behauptet.

Homburg nennt Quellen als Beleg, die seinen Aussagen komplett widersprechen

Gefragt nach Übersterblichkeitszahlen für Italien und die USA behauptet Stefan Homburg die Übersterblichkeit in Italien sei "ähnlich Grippewelle" und führt Euromomo (eine europäische Sterblichkeits-Monitoring-Seite) als Quelle dafür an.
In der Realität zeigt Euromomo... urteilt selbst.
Warum er die ebenfalls angefragt Sterblichkeitsanalyse der USA nicht verlinkt, bleibt unklar. Eventuell wollte er seine Follower nicht mit Fakten verwirren, denn während die "schlimmste Grippewelle seit fast einem Jahrzehnt" 2018 nur acht Wochen mit überwiegend minimaler Übersterblichkeit erzeugen konnte, hat die Übersterblichkeit seit Beginn der Corona-Pandemie fast ein Jahr lang nie geendet und war auch massiv höher.

Stefan Homburg spricht fälschlicherweise von "hochgepeitschten Testzahlen"

In der Realität von Stefan Homburg gibt es offenbar "hochgepeitschte Testzahlen":
In der echten Realität hat Deutschland zum Zeitpunkt des Tweets und auch noch Wochen danach eine seit dem Jahreswechsel etwa konstante Testzahl, weit unter dem früheren Höchststand - und weit unter der hohen und steigenden Testzahl in vielen anderen Ländern ringsherum:
Quelle: ourworldindata
(Dänemark und Österreich machen noch viel mehr Tests, sie auch zu zeigen würde die gesamte Skala sprengen)

Russische Lockerheit - keine Auswirkung auf die Coronatoten? Doch.

Stefan Homburg suggeriert in Russland gebe es trotz weniger strikten Maßnahmen weniger Coronatote als in Deutschland.

Eigentlich spricht er im Tweet von einem Ereignis des Vortags, das noch nicht zur Steigerung der Toten geführt habe. Aber dass die Todesfälle nicht so schnell eintreten und diese Aussage damit wörtlich genommen komplett sinnlos ist, weiß er vermutlich selbst. (Der Folgetweet erklärt dann auch, dass es ihm insgesamt um die geringere Strenge der Maßnahmen geht.)
Auf den ersten Blick scheint ihm die abgebildete Statistik Recht zu geben. Aber in der Realität gab es gegen Jahresende in Russland eine extreme Übersterblichkeit. Alleine im Dezember sind 90.000 Menschen mehr gestorben als in den Vorjahren - ein Plus von 59%! Die angeblich nur 17.660 Coronatoten des Dezembers sind also bei weitem nicht die volle Wahrheit.

Selbst andere russische Behörden veröffentlichen deutlich höhere Zahlen, siehe dieser Artikel im British Medical Journal.

Nach strengen Maßnahmen zu Beginn der Pandemie beendete Russland zu Beginn des Herbstes die strengen Maßnahmen und seither explodierte die Übersterblichkeit. Nicht gerade ein Beleg für Stefan Homburgs Aussage, dass die laxeren Maßnahmen keine negativen Auswirkungen hätten:

mRNA-Impfstoffe "nie zuvor am Menschen ausprobiert"? Doch, natürlich.

Stefan Homburg behauptet, dass Biontechs mRNA-Impfstoff "noch nie zuvor am Menschen ausprobiert" worden sei.

Nun, Biontechs Impfstoff wurde natürlich am Menschen ausprobiert - an Zehntausenden, in den Zulassungsstudien.
Aber vermutlich hat Homburg sich unpräzise ausgedrückt und meint mRNA-Impfstoffe allgemein, die ja durchaus neuartig sind.

In der echten Realität ist auch das natürlich falsch: die Firma CureVac hat bereits im Jahr 2003, also vor 18 Jahren(!) erstmals Menschen einen mRNA-Impfstoff gespritzt. Seither gab es alleine von dieser Firma eine Reihe von weiteren klinischen Studien.

Untersterblichkeit in Berlin und Hessen im Dezember? Äh, nein!

Stefan Homburg behauptet am 21.12. mit Hinweis auf die Sterblichkeitsdatenbank Euromomo man erkenne eine Untersterblichkeit in Berlin und Hessen. Daraus folge, dass die Coronatoten nicht zusätzliche Tote seien, sondern "andere Diagnosen ersetzten".

Ist das richtig? Nein, natürlich nicht!
Schaut man sich die Grafiken jetzt auf Euromomo nochmal an, dann haben Hessen und Berlin für die damals gerade vergangene Kalenderwoche 51 einen z-Wert von 8,81 bzw. sogar 9,95, das ist gemäß der Euromomo-Skale eine "hohe Übersterblichkeit", haarscharf unter einer "sehr hohen Übersterblichkeit"!
Auch die beiden vorhergehenden Wochen hatten eine Übersterblichkeit, Berlin sogar ebenfalls eine "hohe".
Aber... sein Bild sah doch anders aus?
Nur weil die Daten dafür noch nicht komplett sind. Und man darf annehmen, dass Homburg sich dessen als eifriger Euromomo-Nutzer bewusst war. Denn einerseits wurde er immer und immer und immer und immer wieder darauf hingewiesen, dass er mit unvollständigen Daten argumentiert, andererseits steht es auch deutlich auf der Euromomo-Seite selbst. Die Zahlen der gerade vergangenen Wochen sind gelb hinterlegt, das bedeutet laut Euromomo: sie sind wegen unvollständiger Daten "korrigiert" (). Und da diese Korrektur unpräzise ist, müsse man vorsichtig sein:

Wenn es also doch eine hohe Übersterblichkeit in diesen Zeiten mit vielen Coronatoten gab, Herr Homburg, könnte es dann nicht vielleicht doch sein, dass die von Ihnen gerne in Anführungszeichen gesetzten "Coronatoten" zusätzliche Tote sind?

Sind Mutationen gefährlicher? Laut Homburg bestreitet ein Gerichtsurteil das, aber... das Gerichtsurteil bestätigt es sogar!

Laut Stefan Homburg bestätigt ein Gerichtsurteil: "die höhere Gefährlichkeit von Virusvarianten sei nicht wissenschaftlich belegt".

Stimmt seine Behauptung?
Nein:
Der "Welt"-Artikel, den er aufführt, sagt überhaupt nichts über die "Gefährlichkeit".
Also sehen wir uns das Gerichtsurteil (Aktenzeichen 1 S 872/21) selbst an! Es ist hier zu finden (Backup hier). Es wurde zwar erst am 30.3. - und damit nach Homburgs Tweet - veröffentlicht, wie man hier sieht, aber wer weiß, woher Homburg seine Informationen hat...

Ergebnis: nichts. Es ist ein etwas länglicher Text, aber nur in Absatz 112 wird die "Gefährlichkeit" erwähnt - und da wird sogar ausdrücklich von einer erhöhten Gefährlichkeit gesprochen! Also das Gegenteil von Homburgs Behauptung.

Homburg wirft der Tagesschau vor die Färbung der Inzidenzkarten dramatischer gemacht zu haben - und bleibt dabei, nachdem er erfährt, dass der Vorwurf falsch ist

Stefan Homburg behauptet die Tagesschau hätte sich "etwas einfallen lassen", um den "totalen Lockdown" zu legitimieren: eine Änderung der Farbskala ihrer Inzidenzkarten!
Auf den ersten Blick scheint das beigefügte Bild das zu bestätigen! Aber stimmt es wirklich?
Nein:
Die Tagesschau hat das Zustandekommen der Bilder hier erklärt: sie sind zwar tatsächlich beide im Instagram-Kanal der Tagesschau aufgetaucht, stammen aber aus unterschiedlichen Kanälen, die jeweils schon lange ihr eigenes unverändertes Farbschema haben. Das hellere aus dem Fernsehen, das dunklere aus der Online-Präsenz.

Falls man diese Aussage anzweifelt, kann man im "Internetgedächtnis" archive.org nachsehen und findet tatsächlich die dunklere Version der Karte auch schon früher. Das bestätigt also zusätzlich auf anderem Wege, dass die Farbskala nicht geändert wurde.
Zugegeben, Homburg ist hier auf ein gut gemachtes Bild hereingefallen, das noch nicht einmal wirklich gefälscht wurde, sondern nur in seiner Aussage irreführend ist. Das kann passieren.

Allerdings hat er nicht nur diesen falschen Täuschungsvorwurf erhoben, sondern diesen auch nicht zurückgezogen, nachdem er in diesem Tweet auf seinen Fehler aufmerksam gemacht wurde. Zumindest einen weiteren Hinweis auf seinen Irrtum hat er vermutlich gelesen, denn er hat einem darauf antwortenden Tweet ein "LIKE" gegeben.

Stefan Homburg blockiert einen anderen Twitter-User, weil der angeblich gelogen habe - aber erstens stimmt das nicht, zweitens ist Homburgs eigene Aussage in dem Tweet falsch

Hier wirft Stefan Homburg seinem Diskussionspartner eine Lüge vor und blockiert ihn sogleich.
Aber ist nicht das, was Homburg sagt, sogar auf mehreren Ebenen falsch?
Erstens behauptet Homburg der erste Lockdown in Deutschland sei genau wie in England am 23.3. erfolgt. Ist das wahr?
Nein.
Zurück zu Homburgs Behauptung die Lockdowns in Deutschland und England seien zeitgleich am 23.3. erfolgt. Aber egal wie man "Lockdown" definiert, diese Behauptung ist falsch: Und letztlich zeigt auch der "Government Response Stringency Index", der vereinfacht gesagt die Schärfe der Maßnahmen abbildet, auf einen Blick, dass Deutschland deutlich vor dem UK reagierte.
Also ist es offensichtlich falsch, wenn Homburg behauptet dass England und Deutschland den Lockdown am gleichen Tag hatten. Aber ist das alles?

Nein, der andere User, den Stefan Homburg wegen der angeblichen Lüge blockiert hat, hatte ja noch nicht einmal behauptet, dass der Lockdown in Deutschland an einem früheren Tag kam (obwohl auch das ja offenbar stimmt). Er hat nur gesagt, dass die "Anzahl der Infizierten zu dem Zeitpunkt als die ersten wirksamen Massnahmen eingeleitet wurden" in Deutschland niedriger war!
Deutschland hat laut ihm also "früher" reagiert in dem Sinne, dass Corona zur Zeit der Maßnahmen noch weniger verbreitet war.
Und auch damit hat der von Homburg wegen angeblicher Lügen blockierte User Recht!
Die Zahl der Coronatests war in dieser sehr frühen Phase noch sehr klein und in Großbritannien noch um ein Vielfaches kleiner als in Deutschland. Die offizielle Zahl der Infizierten war daher nicht sehr verlässlich. Auch Homburg selbst empfahl deswegen auf die Zahl der Toten als verlässlicheres Maß zu schauen.
Tun wir das also!
Und man sieht: im UK gab es schon früher deutlich mehr Todesfälle pro Million Einwohner - am fraglichen 23.3. klar über dreimal so viele wie in Deutschland! Die Pandemie war also in England einfach schon vorher angekommen. Selbst eine Reaktion am gleichen Tag hätte somit bedeutet, dass Deutschland in Bezug auf die Gefahr früher reagiert hat.

In der Summe hat Stefan Homburg also nicht nur einem anderen Twitter-User Lügen vorgeworfen, obwohl dessen Aussage korrekt war, sondern im gleichen Tweet selbst eine Aussage gemacht, die offenbar falsch war.

Homburg behauptet Deutschland wäre in der Gruppenphase der EM auf Platz 3 gelandet und hätte Geisterspiele gehabt

Auf den ersten Blick hat Fußball zwar keinen Bezug zu Corona, aber Stefan Homburg stellt ihn her, indem er behauptet die deutsche Mannschaft wäre nach "3 heimischen Geisterspielen" auf Platz 3 der Gruppe gelandet. Während England mit 45.000 Fans im Rücken gewonnen habe. Offenbar sieht er die deutschen Coronaregeln als Grund für das deutsche Abschneiden.
Nunja, alleine schon daran, dass Deutschland ins Achtelfinale gegen England kam, erkennt man ja, dass die Aussage mit dem dritten Platz falsch ist. Da zeige ich nun kein Beweisbild, das ist Allgemeinwissen.

Aber Deutschland hatte auch keine "Geisterspiele" (Spiele ohne Zuschauer), sondern im Schnitt rund 13.000 Zuschauer je Spiel. Auch England hatte in der Vorrunde im Schnitt nur 19.000 Zuschauer zugelassen, also unwesentlich mehr, wenn man bedenkt, dass das dortige Stadion um 20% größer ist.

Dass in den späteren Runden des Turniers mehr Zuschauer erlaubt sein würden, stand schon vorher fest, aber auch hier macht Homburg wieder eine Falschaussage, denn die offizielle Zuschauerzahl von 41.973 wird selbst bei Finanzwissenschaftlern eher auf 40.000 ab- als auf 45.000 aufgerundet.

Sind diese drei offensichtlichen Falschaussagen in einem einzigen Tweet inhaltlich relevant für die Corona-Diskussion? Nein. Aber sie deuten darauf hin, welche Rolle Realität und Wahrheit in Homburgs Argumentation spielen.

Derweil in Homburgs Pandemie-Paradies Schweden: maximal 8(!) Zuschauer bei allen bisherigen Ligaspielen der aktuellen Saison. Einen Tweet von Homburg, der die dortigen Repressionen anprangert, sucht man aber vergebens.

Schlecht gealtert

Was geschah nachdem Stefan Homburg behauptete es würde keine zweite Welle in den USA geben?

Auf Lauterbachs Warnung vor einer zweiten Welle in den USA reagiert Stefan Homburg mit der Aussage, dass nur Todesfälle verlässliche Zahlen seien (dem kann man zustimmen) und dass diese in den USA ausliefen "wie überall sonst".
Nunja, was in den USA danach geschah und wer somit Recht behielt, kann man leicht selber sehen. Konnte ja keiner ahnen, dass auf mehr Infektionen später auch mehr Todesfälle folgen.
Und das ist nicht nur eine Frage der Zählweise von Coronatoten, sondern auch die gesamte Übersterblichkeit in den USA nahm daraufhin stark zu und überstieg wieder den höchsten Stand der schwersten Grippewelle der letzten Jahre.

Was geschah nachdem Stefan Homburg behauptete es würde keine zweite Welle im Iran geben?

Auf Warnungen vor einer zweiten Welle im Iran reagiert Stefan Homburg am 24.5.2020 mit der Aussage, dass Sterblichkeiten die härteren Zahlen seien (dem kann man zustimmen) und dass diese im Iran "ganz normal" aussähen. Die ansteigenden Fallzahlen lägen nur am Testen!
Überraschung! Auf steigende Fallzahlen folgen steigende Todeszahlen! Konnte niemand ahnen. Naja, niemand außer vielen, vielen, vielen, vielen anderen.

Was geschah nachdem Stefan Homburg behauptete es würde keine zweite Welle in Israel geben?

Auf Warnungen von Karl Lauterbach vor einer zweiten Welle in Israel - die Fallzahlen waren bereits wieder stark am Steigen - reagiert Stefan Homburg am 27.6.2020 mit der Frage ob ein Coronatoter pro Tag einen neuen Lockdown rechtfertige.
Nach den Fallzahlen stiegen daraufhin - schon wieder völlig überraschend! - auch die Sterbefälle stark, auf vierfache Höhe im Vergleich zur ersten Welle. Wieder haben ihn viele, viele, viele, andere auf die Verzögerung der Todesfälle nach Beginn der Erkrankung hingewiesen. Erfolglos.

Was geschah nachdem Stefan Homburg das "Globale Ende der Pandemie" ausrief?

Am 23. Februar 2021 verkündete Stefan Homburg das "globale Ende der Pandemie". Vorhersagen einer dritten Welle nannte er "irrational und provinziell."
Ist es überraschend, dass nach Homburgs Aussage über die fallenden globalen Fallzahlen ebendiese wieder steil anstiegen?
Inzwischen haben sie sich genau verdoppelt und den bisherigen Höchststand wieder erreicht!
Ist es das, was Stefan Homburg mit "globales Ende der Pandemie" gemeint hat?
Auch die Todeszahlen folgten den Fallzahlen wie immer mit etwas Verzögerung.

Dass er hier Wissenschaftler als angebliche Unterstützung seiner Position anführt, macht das Ganze nicht besser. Denn er macht das sehr selektiv: was diese im von ihm verlinkten Artikel sonst noch sagen, ist überhaupt nicht das, was Homburg stets sagt: "Das Feuer ist noch nicht aus, und wenn wir es nicht weiter bekämpfen, kommt es lodernd zurück". Außerdem steht da, es "wirken in vielen Ländern die Vorsicht- und Hygienemaßnahmen" - was Homburg auch nicht wahrhaben will.

Auch der von Homburg namentlich zitierte Hans Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, bestreitet auf Nachfrage des ZDF, dass er ein baldiges Ende der Pandemie vorausgesagt habe. Kluge setzt dabei auch explizit auf die Impfungen - noch ein Thema, das Homburg völlig anders sieht als der von ihm zitierte Experte.

Selektives Zitieren

AN oder MIT dem Virus gestorben? Homburg pickt Zahlen aus Halle an der Saale heraus, verschweigt die anderslautende Mehrheit

Nach einem Jahr Corona in Deutschland fragt Stefan Homburg, ob die Opfer eher AN order MIT dem Virus sterben, anhand von Zahlen der Stadt Halle an der Saale. Sofern die dortigen Zahlen repräsentativ seien, seien die RKI-Zahlen auf das Dreifache aufgebläht.
Er behauptet auch: ihm sei nicht bekannt, ob andere Stadtverwaltungen diese Zahlen getrennt publizieren.
Nun, zunächst mal sind diese Zahlen absolut nicht repräsentativ, denn in Hamburg, wo fast alle Todesopfer am Rechtsmedizinischen Institut untersucht wurden, waren 93% der 735 Untersuchten AN Corona gestorben (Stand 18.2.2021). Und in ganz Bayern sind 87% der 13.314 Coronatoten AN dem Virus gestorben (Stand 4.4.2021, Link zu diesem Stand hier).

Da stellt sich natürlich die Frage: warum erwähnt Stefan Homburg nicht diese insgesamt rund 14.000 Toten, sondern pickt sich die nicht einmal 300 aus Halle an der Saale heraus? Weiß er von Hamburg und Bayern einfach nur nichts?

Doch. Offenbar schon. Stefan Homburg hat bereits selbst einen Artikel der "Welt" über die Obduktionen in Hamburg getweetet (Backup hier). Einen Artikel, in dem steht, dass nur gut 5% der RKI-Coronatoten an einer anderen Ursache gestorben sind:
Außerdem wurde Homburg auf genau diese Aussage in seinem Artikel sowie allgemein auf die Untersuchungen in Hamburg wieder und wieder und wieder hingewiesen.

Wenn Homburg nun behauptet er wisse nicht, ob "andere Stadtverwaltungen" diese "Unterscheidung fortlaufend publizieren", dann kann man das nicht die Unwahrheit nennen, denn es ist im Fall Hamburg, ja nicht die Stadtverwaltung, die die Zahlen publiziert. Aber ... ist es so richtig redlich?

Außerdem wurde Stefan Homburg nicht nur auf andere Obduktionsergebnisse mit demselben Ergebnis hingewiesen, sondern er hat diese Obduktionsserien schon selbst zitiert (wenn auch ... naja, mit etwas bizarrer Schlussfolgerung):
Wo er also weiß, dass so viel für das Gegenteil spricht, wieso spekuliert er, ob das Verhältnis aus Halle repräsentativ ist? Wieso verschweigt er die anderen Daten, die er bewiesenermaßen kennt?

Homburg zitiert: Überlastungen = Panikmache. Homburg verschweigt: nötig dafür: Impfungen, Tests, Verschieben von OPs

Womit Homburg den neuen Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gaß, gerne zitiert: "Überlastungsszenarien sind Panikmache"
Was Homburg lieber verschweigt: Gaß sagt im selben Artikel - direkt nach dem zitierten Ausschnitt - man müsse notfalls eine Überlastung durch Herunterfahren der Regelversorgung vermeiden und hohe Patientenzahlen durch Impfen und Testen vermeiden.
Moment, war da nicht was? Wir halten also fest: Homburg zitiert die eine Aussage des Experten, der er zustimmt. Aber er verschweigt die drei anderen Aussagen, die Homburgs Meinung komplett widersprechen und nach Meinung des Experten Bedingung für die erste Aussage sind.

Homburg suggeriert Drosten würde sich fachfremd über Intensivbetten äußern, aber er verschweigt: Drosten hat nur Expertenaussagen weitergeleitet

Wie kann Drosten sich nur über die Belegung der Intensivbetten äußern! Er ist zwar Mediziner, aber kein Intensivmediziner!
Nicht-Mediziner Stefan Homburg jedenfalls äußert sich zunächst zur Belegung der Intensivbetten: eine Steigung würde nur in der Phantasie von Politikern existieren. Um dann nachzuschieben, dass Drosten das unerfindlicherweise anders sehe.
Was Homburg verschweigt: Drosten hat hier nicht seine eigene Einschätzung geäußert - im Gegensatz zu Homburg selbst.
Im zitierten Artikel geht es nämlich dann so weiter: Drosten hat lediglich einen Warnruf von Prof. Dr. Karagiannidis weitergeleitet und kommentiert. Karagiannidis ist wissenschaftlicher Leiters des DIVI-Registers und die beim DIVI (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin), sind nunmal DIE Experten für die Belegung der Intensivbetten in Deutschland.
Also eigentlich gar nicht so "unerfindlich", wie Drosten auf diese Idee kam. Er hört auf Experten! Würde auch Homburg gut tun das zu machen.
Oder wenigstens nicht zu unterschlagen, wenn andere es machen.

Homburg fordert zum Kampf gegen den "Maskenzwang" auf, weil die Schutzwirkung nicht nachgewiesen sei. "Vergisst" aber seine Quelle vollständig zu zitieren, die ganz anders klingt.

Stefan Homburg zitiert das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, die Schutzwirkung von Mund-Nasen-Bedeckungen sei "in der Regel nicht nachgewiesen". Er schließt mit einer Aufforderung diese Aussage beim Kampf gegen den "Maskenzwang" zu verwenden.
Was? Masken bringen nichts? "Amtlich" bestätigt?
Könnte man glauben, wenn man glaubt, dass Homburg zitiert ohne die Aussage zu verändern.

Zunächst einmal ging es an dieser Textstelle nicht um Masken im Sinne von OP-Masken oder gar FFP2-Masken, sondern um "Alltagsmasken", also alles von Schal bis selbstgenähte Stoffmaske.

Vor allem aber geht die Aussage des Bundesamtes schon in der nächsten Zeile damit weiter, dass auch bei diesen Masken durchaus eine Wirkung besteht:
Und im Volltext wird ausdrücklich bestätigt, dass auch solche Alltagsmasken also zur Reduzierung der weiteren Ausbreitung von SARS-CoV-2 beitragen.
Wir halten also fest: Homburg zitiert einen Teil, der nach "Masken wirken nicht" klingt, aber das übrige Dokument sagt, dass durchaus eine Wirkung besteht.
Ich frage mich, ob man so zitiert, wenn man die Wahrheit verbreiten will?

Die Webseite wurde inzwischen geändert und enthält all diese Aussagen (auch Homburgs) nicht mehr, als Quelle habe ich daher eine Kopie auf archive.org aus der Zeit seines Tweets verwendet und verlinkt.

Mal so, mal so

Auf andere Länder darf man nur dann schauen, wenn es seine Aussage stützt

Wenn Gegenargumente das Geschehen in anderen Ländern miteinbeziehen, dann argumentiert Stefan Homburg, dass man nur auf das lokale Geschehen achten dürfe:
Wenn Gegenargumente dagegen lokal sind, dann argumentiert Stefan Homburg, dass wir uns vom Geschehen in anderen Ländern "nicht abkoppeln können".

Homburg glaubt den Experten vom DIVI - aber nur solange sie in seinem Sinne sprechen

Das Intensivbettenregister wird vom DIVI (der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) geführt. Im Herbst, als deren Statements ihm genehm waren, sprach Stefan Homburg noch davon, dass das Fachleute seien, deren Zahlen er vertraut.
Seit im April 2021 aber immer dringendere Appelle aus dem DIVI kommen, dass die Situation kritisch ist (z.B. der DIVI Präsident hier, der wissenschaftliche Leiter des DIVI hier oder der offizielle Twitter-Account des DIVI hier), will Homburg von diesen Fachleuten plötzlich nichts mehr hören, sondern verweist nur noch immer auf die selbe Grafik.
Mit dieser Grafik will Homburg offenbar suggerieren, dass die Situation - entgegen der Aussagen der Fachleute - nicht kritisch sei. Aber kennen die Fachleute ihre eigenen Daten nicht? Oder ist doch eher Homburgs Aussage irreführend?
Die DIVI FAQ spricht sogar explizit über dieses Thema: durch Notbetrieb und Verschieben von Operationen wurde Platz für COVID-Patienten geschaffen.
Das ist nicht nur für die anderen Patienten schlecht, die nun nicht versorgt werden können, sondern auch für das Personal, denn auch bei gleicher Zahl von belegten Betten kann der Aufwand stark ansteigen, weil Covid-Patienten betreuungsintensiver sind.

"Kontaktschuld" ist absurd und zum Erbrechen, sagt Homburg - und nutzt sie dann selbst

"Kontaktschuld" nennt man es, wenn jemand schlechtgemacht wird, nur weil er in Kontakt mit einem Anderen steht, der tatsächlich Dreck am Stecken hat. Die Schuld des Anderen soll sozusagen auf den, der Kontakt mit ihm hat.
"Absurd" und "zum Erbrechen" sei es auf diese Weise Leute anzugreifen, sagt Homburg. (Das kann man nachvollziehen.)
Nicht nachvollziehen kann man, dass Stefan Homburg dann aber selbst über "Kontaktschuld" andere in den Schmutz zieht.
Wie kann man etwas gleichzeitig verteufeln und trotzdem selbst anwenden?
Ich glaube das nennt sich dann Doppelmoral.

Stefan Homburgs Umgang mit Anderen

Stefan Homburg sagt die Vorständin der Deutschen Statistischen Gesellschaft habe "nichts in der Birne"

Katharina Schüller, unter anderem CEO von STAT-UP Statistical Consulting & Data Science, Vorständin der Deutschen Statistischen Gesellschaft und Statistikerin der Woche der American Statistical Association, habe "nichts in er Birne", befindet Stefan Homburg:

Lauterbach erhält Morddrohungen - Stefan Homburg zeigt Verständnis für die Täter

Als Karl Lauterbach über eine Welle von Morddrohungen und Beleidigungen berichtet, fällt Stefan Homburg nichts Besseres ein als das als "jammern" zu bezeichnen, Verständnis für die Entstehung von Hass bei den Tätern zu äußern und weiter Öl ins Feuer zu gießen, indem er Lauterbach und andere als "Treiber der Laborpandemie" bezeichnet und ihnen "Phantasien eines ewigen Lockdown" unterstellt.
Antworten, die in dieser Situation weiter auf Lauterbach einprügeln, ihn z.B. als "Psychopathen" verunglimpfen, mag Stefan Homburg offenbar - er schenkt ihnen jedenfalls ein "Like"-Herzchen.

Stefan Homburg nennt die Wissenschaftsjournalistin und Bundesverdienstkreuzträgerin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim eine "Dreckschleuder"

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim ist Chemikerin, Wissenschaftsjournalistin, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes - und laut Stefan Homburg eine "Dreckschleuder".

Stefan Homburg nennt Drosten und Kekulé "Spinner"

Für die einen ist Prof. Drosten ein Virologe und Institutsdirektor an der Charité Berlin und Alexander Kekulé ein Mediziner, Epidemiologe, Biochemiker und Publizist.
Stefan Homburg dagegen nennt sie "Spinner".

Stefan Homburg und Beleidigungen

Wenn Stefan Homburg nicht selbst andere (sachlich argumentierende!) Diskussionsteilnehmer als "Deppen" bezeichnet,...
...oder Diskussionsteilnehmer als "Deppen" bezeichnet,...
...dann markiert er Schmähungen durch andere mit einem "Like"-Herzchen - z.B. wenn jemand Angela Merkel wegen ihres Gesundheitszustandes "Zitter-Angie" nennt.
Manches auf Twitter ist konfus... beleidigend... sinnfrei... einfach wirres Zeug. Sowas findet dann üblicherweise einfach weiter keine Beachtung. Außer durch Stefan Homburg, der auch solche Inhalte offenbar mag und mit einem "Like"-Herzchen versieht.